Presseaussendung von Two Sides an Google Vorsitzenden Eric Schmidt als Antwort auf Googles neuangekündigte Kampagne "Go Paperless 2013". Two Sides wirft Google Versuch des Greenwashing vor.
Jänner 2013. Der folgende offene Brief wurde von Two Sides an Eric Schmidt, Vorsitzender von Google, geschickt. Inhalt ist die Sorge von Two Sides, dass Google und andere versuchen, ihre Services als umweltfreundlicher darzustellen als Print und Papier, obwohl es eindeutige Beweise gibt, dass elektronische Kommunikation, und Googles Aktivitäten im Besonderen, einen erheblichen und wachsenden ökologischen Fußabdruck haben. Die Presseaussendung wird neben Chicago und London in weiteren Ländern weltweit versandt.
Deutsche Übersetzung des offenen Briefes (englisches Original unter www.twosides.info):
Sehr geehrter Herr Schmidt,
erstaunt lesen wir die Nachricht, dass Google Konsumenten ermutigt, mit der Kampagne „Go Paperless 2013“ dieses Jahr frei von Papier zu werden. Die Initiative wird begleitet von Fotos von Bäumen und US-Recyclingdaten, die wahrscheinlich dazu verwendet werden, die ökologischen Vorteile, welche vermeintlich dadurch entstehen, dass man ohne Papier lebt, hervorzuheben.
(Link der Google-Kampagne: www.paperless2013.org)
Google wird in diesem Projekt von der US-Organisation HelloFax, ein online Faxservice, Manilla, ein online Rechnungsverwaltungsdienst, HelloSign, ein E-Signaturendienst, Expensify, ein online Ausgabenberichtdienst, Xero, ein online Geschäftsabrechnungsdienst und Fujitsu, die den ScanSnap Scanner herstellen, unterstützt.
Während die Produkte und Services, die Google bereitstellt, hochgeschätzt werden, ist diese neue Initiative offensichtlich ein Beispiel für eine umweltbezogene Marketingkampagne, die ihre eigenen Interessen verfolgt und ihre eigenen Dienstleistungen vermarktet, während die Auswirkungen der eigenen Aktivitäten auf die Umwelt nicht beachtet werden.
Sehen wir uns die Fakten an:
Die Auswirkungen von Googles Aktivitäten auf die Umwelt sind verblüffend [1].
• Google braucht 2,3 Milliarden Kilowattstunden Elektrizität im Jahr. Das würde über 200.000 US-Haushalte für ein Jahr versorgen oder 40 Empire State Buildings.
• Der Energieverbrauch von Datenzentren macht ungefähr 2 Prozent des jährlichen Elektrizitätsverbrauchs in den USA aus.
• Für jede Kilowattstunde, die für Rechnerleistungen in einem typischen Datenzentrum verbraucht werden, wird beinahe eine weitere zusätzliche Kilowattstunde gebraucht, um die Kühl- und Heizsysteme zu betreiben.
• 100 Suchanfragen an Google entsprechen einer 60 Watt Glühbirne, die für 20 Minuten brennt, wobei 0,03 kWh Elektrizität und 20g Kohlendioxid verbraucht werden.
• 100 Minuten YouTube Videos entsprechen einer 60 Watt Glühbirne, die für 13 Minuten brennt, wobei 0,02 kWh Elektrizität und 13g Kohlendioxid verbraucht werden.
• Jeder Gmail Benutzer braucht 2,2 kWh Energie jedes Jahr und verursacht 1,2kg an Kohlendioxid.
Greenpeace [2] betont, dass elektronischer Abfall (E-Abfall) der am schnellsten wachsende Bestandteil des kommunalen Abfalls ist. In Europa wächst E-Abfall bereits um 3 bis 5 Prozent pro Jahr, fast dreimal schneller als die gesamte kommunale Menge. Die Anzahl an elektronischen Produkten, die weggeworfen werden, hat in den letzten Jahren deutlich zugenommen und beträgt 20 bis 50 Millionen Tonnen jedes Jahr. Weltweit macht elektronischer Abfall 5 Prozent des kommunalen Abfalls aus.
Studien [3] haben gezeigt, dass es umweltfreundlicher ist, ausgedruckte Dokumente zu lesen, wenn diese mehr als einmal oder von mehreren Personen gelesen werden.
Ein kürzlich erschienener Artikel der New York Times [4] zeigt die außerordentlichen Auswirkungen elektronischer Kommunikation auf die Umwelt.
In den Vereinigten Staaten werden mehr Bäume gepflanzt als geerntet und die Zahl der Bäume auf US-Waldflächen nahm im Laufe der letzten 50 Jahre [5] um 49 Prozent zu. Die Fläche des US-Waldlandes blieb mit 303 Millionen Hektar in den letzten 100 Jahren im Wesentlichen gleich, obwohl die US-Bevölkerung sich in diesem Zeitraum verdreifacht hat [6]. Die Waldfläche in Europa ist heute um 30 Prozent größer als 1950 und wächst jährlich um 1,5 Millionen Fußballfelder.
Erinnern wir uns außerdem: Papier wird aus Holz gemacht, einem nachhaltigen und erneuerbaren Produkt, das eine zunehmend wertvolle Ressource für die Schaffung einer großen Anzahl von nachhaltigen Produkten ist. Verantwortungsbewusst verwaltete Wälder sind eine kritische Ressource, die der Umwelt nützen, sie liefern dabei Holz- und Nebenprodukte, die in einer Gesellschaft, die ihre Abhängigkeit von fossiler Energie reduzieren möchte, bevorzugt werden. Natürlich braucht es Energie, um Papier zu produzieren, aber diese ist meist erneuerbar. So stammt in den USA 65 Prozent und in Europa 54 Prozent der Energie, die gebraucht wird um Papier und Zellstoff zu produzieren, von erneuerbarer Biomasse [7,8].
Also, bevor Konsumenten dazu aufgefordert werden, ohne Papier zu leben ("Go Paperless"), und insbesondere bevor diesen erzählt wird, dass elektronische Dienstleistungen besser für die Umwelt seien, sollte Google und seine Partner ihre eigenen Auswirkungen auf die Umwelt überprüfen. Sie werden wahrscheinlich feststellen, dass Print und Papier ein nachhaltiger Kommunikationsweg sind.
Wir leben in einer zunehmend digitalen Welt in der elektronische und papierbasierte Kommunikation koexistieren. Beide haben Auswirkungen auf die Umwelt und es wäre hilfreich, und den Konsumenten gegenüber ehrlicher, wenn Unternehmen nicht probieren würden, ihre Produkte und Dienstleistungen mit falschen, umweltbezogenen Behauptungen, die jeder Quellenangabe entbehren, hervorzuheben. Solche „Grünfärberei“ im Marketing ist nicht nur schädlich für den Ruf des Unternehmens sondern zunehmend auch, so meinen wir, wider Werbestandards wie etwa die der US Handelskommission und DEFRA (UK) [9,10].
Wir hoffen, dass Google sich die Unterstützung dieser Kampagne noch einmal überlegt.
Mit freundlichen Grüßen,
Martyn Eustace Phil Riebel
Director, Two Sides UK President, Two Sides U.S.
(1) Google/Associated Press, Sep 8, 2011, http://en.wikipedia.org/wiki/Google_platform
(2) Greenpeace, The e-waste problem. http://www.greenpeace.org/international/en/campaigns/toxics/electronics/the-e-waste-problem/
(3) Energy Use of Print vs. Electronic Media, Tejo Pydipati October 24, 2010. http://www.twosides.info:8080/content/rsPDF_288.pdf
(4) The Cloud Factories, Power, Pollution and the Internet. http://www.nytimes.com/2012/09/23/technology/data-centers-waste-vast-amounts-of-energy-belying-industry-image.html?_r=1&,
(5) Society of American Foresters, 2007. http://www.twosides.info/Content/rsPDF_86.pdf
(6) USDA Forest Service, 2010. http://www.twosides.info/Content/rsPDF_84.pdf
(7) 2012 AF&PA Sustainability Report. http://www.twosides.info:8080/content/rsPDF_255.pdf
(8) Two Sides/CEPI. http://www.twosides.org.au/The-European-paper-industry-is-one-of-Europes-biggest-producers-of-biomass-energy
(9) U.S. Federal Trade Commission, Environmental Claims – Summary of the Green Guides. http://www.twosides.info:8080/content/rsPDF_267.pdf
(10) DEFRA’s Quick Guide to Making a Good Environmental Claim, UK Department for Environment, Food and Rural Affairs. Department for Environment, Food and Rural Affairs
Das Original finden Sie hier.