Ab Jahresbeginn 2014 dürfen an Bundesdienststellen nur noch elektronische Rechnungen ausgestellt werden. Papier-Rechnungen werden ab dann nicht mehr akzeptiert. Diese Umstellung betrifft zwar meist Unternehmen, allerdings fragen sich auch Konsumenten immer öfters, ob Firmen, mit denen sie in einer vertraglichen Beziehung stehen, so einfach auf die Ausstellung von Papier-Rechnungen verzichten können, beziehungsweise ob diese für Papier-Rechnungen extra Entgelte einheben dürfen? Hierfür hat der Oberster Gerichtshof (OGH) in Wien schon Anfang 2012 Klarheit geschaffen: Entgelte für Papier-Rechnungen sind nichtig.
Mehr Kontrolle auf Papier
Immer mehr Unternehmen scheinen unter dem Deckmantel ökologischer Argumente auf die Ausstellung von Papier-Rechnungen zu verzichten und auf elektronische Rechnungen umzusteigen. Dahinter steckt jedoch meist nicht das Umweltbewusstsein des betroffenen Unternehmens sondern klare Kostenvorteile. Konsumenten sehen das oft anders – elektronische Rechnungen werden als unhandlich wahrgenommen: Einmal davon abgesehen, dass im Jahr 2013 immer noch 19 Prozent der österreichischen Haushalte keinen Zugang zu Internet haben (Statistik Austria), verursachen e-Rechnungen von einer Webseite mehr Mühe und auch Kosten als Papier-Rechnungen. Landet eine Rechnung im eMail-Postfach, muss die Rechnung erst einmal abgerufen werden, und dann stellt sich die Frage der Ablage. In vielen Fällen bleiben elektronische Rechnungen daher unbeachtet und ungeprüft, was eine allfällige Rechtsverfolgung (z.B. Rechnungseinspruch) im Falle von falschen Rechnungsdetails erschwert.
Das hat jetzt auch britische Umfrage unter 2000 Personen im Auftrag der Pro-Papierrechnungsinitative „Keep me Posted“ ergeben: Konsumenten entdecken auf Papierrechnungen eher Fehler als auf Onlinerechnungen. 40% der Personen, die Papierrechnungen erhielten, haben Fehler entdeckt, während nur 29% der Personen, die Online-Rechnungen erhielten, nicht richtige Buchungszeilen fanden. Insbesondere junge Leute seien von der Online-Blindheit betroffen: Nur 9% der 18- bis 24-Jährigen, die ihre Rechnungen online erhalten, kontrollieren diese auf Fehler.
Damit hat auch der Oberste Gerichtshof sein Urteil gegen Telekom-Unternehmen T-Mobile begründet. Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) verklagte T-Mobile, weil dieser eine Klausel in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen verpackte, wonach Kunden, die nicht von Papier- auf Onlinerechnungen umsteigen wollen, 1,89 Euro bezahlen müssten. Laut OGH verstößt dieses Papier-Rechnungsentgelt klar gegen gesetzliche Verbote und gegen die guten Sitten. Die Klausel ist für den Verbraucher gröblich benachteiligend, intransparent und überraschend, so der OGH. Der Kunde rechne nicht damit, dass ein Unternehmer für eine Nebenleistungspflicht ein zusätzliches Entgelt verlange. Außerdem sei die Papier-Rechnung vielmehr eine Bringschuld des Unternehmers, sicherlich üblich und vom Gesetzgeber erwünscht. Bereits bezahlte Entgelte müssen nun an die Kunden zurückgezahlt werden. Betroffene wenden sich dazu an den VKI, der eine Sammelaktion leitet.
Sicher abgelegt
Die weiter hohe Bedeutung von Papier-Dokumenten und -Rechnungen hat der Hightech-Verband Bitkom kürzlich nach einer Umfrage unter 1000 Personen zum Thema „Papier vs. digitale Dokumente“ bestätigt. Die Ablage digitaler Dokumente und auch Sicherheitsbedenken spielen dabei laut Umfrage eine wichtige Rolle. Ins gleiche Horn stößt eine IFES-Studie im Auftrag der österreichischen Post. Laut dieser erhalten 75 % der Bevölkerung ihre Rechnungen lieber auf Papier per Post als durch elektronische Zustellung (e-Rechnung). Sie gelten als „sicher“, „zuverlässig“ und sind „einfacher zu kontrollieren“ als elektronische Rechnungen. Dies geben auch Jüngere (67 %) und sogar Heavy-Internetnutzer (66 %) an. Je höher ein Dokument in der persönlichen Wichtigkeit ist, desto massiver wird die Zustellung in Papierform gewünscht: Kommunikation mit Behörden, Polizzen für Auto- und Lebensversicherungen, aber auch Gutscheine, Garantiezertifikate und die Jahres-Stromabrechnung möchten die Befragten nahezu ausschließlich per Post beziehen.
E-Rechnungen werden laut IFES-Studie von den Befragten zwar als „sehr umweltfreundlich“ eingestuft, aber tatsächlich schneiden digitale Rechnungen ökologisch nicht unbedingt besser ab als Papierdokumente. Oft wird vergessen, dass elektronische Dokumente beim Erstellen, Zusenden, Abrufen und Verwalten Energie verbrauchen und damit CO2-Emissionen verursachen. Papier hingegen besteht aus dem natürlichen Rohstoff Holz und ist der am meisten wiederverwertete Altstoff, der über seine gesamte Lebensdauer Kohlenstoff speichert. Werden digitale Rechnungen zu Hause ausgedruckt, wie es laut IFES ein Drittel der Befragten nach Erhalt, sowie weitere 27 % im Bedarfsfall tut, ist dies wesentlich uneffizienter als der Ausdruck in großen Auflagen und auf Format-optimierten industriellen Druckern.
Mehr unter:
Klage VKI:http://alturl.com/hdb2h
Umfrage (Bitkom): www.bitkom.org/de/presse/8477_77101.aspx
Umfrage (IFES): http://alturl.com/yuoxg
Keep me Posted (UK): http://www.keepmeposteduk.com/